Update verfügbar

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„Update verfügbar – ein Podcast des BSI“

Transkription für Folge 59, 24.09.2025

Cybergrooming und Co.: Was Eltern wissen müssen

Moderation: Schlien Gollmitzer und Hardy Röde

Gäste: Insa Backe, Journalistin und Dirk Beerhenke, Kriminalhauptkommissar a.D.

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Hardy Röde: Schlien.

Schlien Gollmitzer: Hardy.

Hardy Röde: Warst du auch dabei? Also eigentlich bin ich immer bei allem mit dabei, aber bei was genau? Ja, bei einem großen PayPal-Hack Anfang September, so wie 15,8 Millionen andere Nutzerinnen und Nutzer auch.

Schlien Gollmitzer: Ne, war ich tatsächlich nicht. Ich habe selbst sogar nochmal nachgecheckt. Auf meinem PayPal-Konto ist anscheinend so wenig zu holen, dass ich offensichtlich zu solchen gesellschaftlichen großen Ereignissen überhaupt nicht eingeladen werde.

Hardy Röde: Das macht mich jetzt natürlich ein bisschen traurig, Schlien, aber auch ein bisschen froh.

Schlien Gollmitzer: Aber jetzt mal ganz im Ernst, das war ja eine Riesen-Newswelle jetzt Anfang September. 15 Millionen Passwörter gestohlen, Nutzer müssen dringend reagieren, habe ich gelesen. PayPal-Zugänge geknackt. Wer PayPal nutzt, ist jetzt in Gefahr. So klang das da so ungefähr. Das war die Tonalität.

Hardy Röde: Ja, diese News hat schnell die Runde gemacht von diesen 15,8 Millionen geklauten Nutzernamen und Passwörtern. Und viele Nutzerinnen und Nutzer von PayPal sind dann auch auf allen Kanälen aufgefordert worden, sofort die Passwörter zu ändern und so weiter. Und viele hatten eben die Sorge, dass dieser riesige Dienst PayPal ein riesengroßes Sicherheitsproblem hat.

Schlien Gollmitzer: Und hat er tatsächlich eins?

Hardy Röde: Es gab zu dem Zeitpunkt ein bisschen zusätzliche Verwirrung und Ärger, weil in derselben Zeit etwas technisch nicht sauber gelaufen ist Und in der Folge viele Kunden ein paar Tage nicht mit PayPal zahlen konnten.

Aber an diesem angeblichen Hack mit diesen Millionen von Nutzerinnen und Nutzerdaten bei PayPal direkt, da gibt es große Zweifel. Nämlich vor allem an der Frage, ob ein Hacker wirklich direkt dort Daten erbeuten konnte, die er dann für Geld weiterverkauft hat auf irgendeinem illegalen Marktplatz im Netz.

Schlien Gollmitzer: Das ist jetzt das Erste, was ich gerne wissen möchte.

Was wollte er denn haben für diese 15,8 Millionen Nutzernamen und Passwörter?

Hardy Röde: Ja, da fängt es schon an ein bisschen schräg zu werden. Ein richtiges Schnäppchen, 750 Dollar, sollte der komplette riesige Datenbestand mit Millionen Nutzerdaten kosten. Und gerade, wenn es um so einen Zahlungsdienst geht wie eben PayPal, wo man also unter Umständen wirklich reales Geld erbeuten kann von Opfern, da ist es dann doch ziemlich wenig.

Schlien Gollmitzer: Was nichts kostet, ist auch nichts wert, so ungefähr.

Hardy Röde: Ja, so ist es auch bei Cyberkriminellen. Da gibt es einfach auch die Marktwirtschaft. Und dieser Preis ist dann als erstes schon mal Expertinnen und Experten ziemlich ungewöhnlich niedrig vorgekommen. Und dann gibt es einen zentralen Punkt, der wirklich wichtig ist beim Thema Passwortsicherheit und der grundsätzlich auch, muss ich sagen, sehr beruhigend ist. Anbieter, die sich um ihre Sicherheit ernsthaft kümmern.

Und das sind bei den großen Anbietern normalerweise schon alle. Die speichern Passwörter in der Regel nicht als Klartext, sondern in einer verschlüsselten Form, in einem sogenannten „Hash-Wert“. Dein Passwort wird also nach einem bestimmten mathematischen Prinzip komplett durcheinander gewürfelt und dann nur als dieses verwürfelte Passwort gespeichert und nie im Klartext.

Schlien Gollmitzer: Also das heißt, selbst wenn ich jetzt den Namen von meinem ersten Hamster in meinem Leben als 16-stelliges Passwort benutzen würde, was ich selbstverständlich nicht tue, dann kriegt das PayPal jetzt auch nicht wirklich mit, weil der Dienst ja nie mein wirkliches echtes Passwort im Klartext sieht und auch nicht so speichert.

Hardy Röde: Das bleibt ein kleines Geheimnis und das heißt, ich weiß es jetzt auch. Du kannst mit mir über alles sprechen.

Schlien Gollmitzer: Aber wo kamen denn dann diese angeblich 15,8 Millionen Datensätze her?

Hardy Röde: Das war offensichtlich eine Liste, die aus vielen verschiedenen schon existierenden Datenlecks zusammengesammelt und zusammengeschustert wurde, die also teilweise schon viel länger im Netz unterwegs waren. Wie viele Namen und Passwörter davon tatsächlich echt waren und wie viele vielleicht auch noch Fake-Daten, das weiß man gerade noch nicht genau. Wichtig ist aber, dass sie wohl wirklich nicht vom Anbieter direkt gekommen sind, dass sie also nicht bei PayPal gestohlen worden sind, sondern eben auf anderen Wegen geklaut.

Und sowas passiert meistens direkt bei uns Nutzerinnen und Nutzern auf unseren Rechnern, wenn uns Kriminelle zum Beispiel sogenannte Infostealer-Software unterschieben über präparierte Links auf Websites oder in E-Mails. Also das sind Programme, die alles abgrasen auf unserem Rechner. Was wir da tun, was wir eben auch an Passwörtern gespeichert haben oder was wir in den Passwort-Dialog auf einer Website eingeben, über diese Infostealer haben wir in der letzten Folge von Update verfügbar im August 2025 auch schon viel Interessantes gehört von Alex Hertel, der das direkt im BSI-Team sehr hautnah verfolgt.

Und vor diesen Infostealern, da sollten wir uns tatsächlich schon schützen.

Schlien Gollmitzer: Ja und ich kann mich erinnern, in der Folge haben wir ja auch über die gute alte Phishing-Mail gesprochen, die uns NutzerInnen ja oft dazu bringen will, irgendwo mal unseren Nutzernamen oder Passwort reinzuhacken. Dann aber gleich zu unserem Update. Jetzt hier, Hardy, kann denn so ein riesiger Datenschatz dann trotzdem irgendwie gefährlich werden? Für mich jetzt, für unsere Hörerinnen, für unsere Hörer. Und wenn ja, wie sollten wir dann mit unseren Zugangsdaten umgehen, damit wir bei der nächsten großen ähnlich lautenden Schlagzeile nicht gleich unseren Kaffee verschütten? Nicht, dass das irgendjemandem passiert wäre.

Hardy Röde: Wer so einen Datenbestand in der Hand hat, als Krimineller, der kann natürlich trotzdem versuchen, sich in Konten einzuloggen, bei PayPal oder bei anderen Diensten. Speziell dann, wenn wir unsere Kombination aus Nutzername und Passwort bei mehreren Diensten verwenden. Dann ist das gefährlich. Das probieren Angreifer tatsächlich regelmäßig aus und nehmen zigtausende Zugangsdaten aus genau solchen geklauten Datenbeständen und probieren die parallelisiert auf vielen Websites gleichzeitig durch.

Das heißt, die alte Regel von jedem Anbieter ein eigenes Passwort. Die gilt auch hier und für immer, dass diese Infostealer auf unseren Rechnern nicht zu Besuch kommen. Dagegen helfen eigentlich sehr zuverlässig die laufenden Updates für unsere Betriebssysteme, die wir also regelmäßig einspielen sollten bei Windows oder macOS.

Und bei diesen Betriebssystemen auch die eingebaute Firewall, wenn wir die einschalten. Wer besonders sicher gehen will, der kann sich einen von den üblichen Virenscannern und Schutzprogrammen installieren. Da gibt es viele auch in einer kostenlosen Version.

Und da, glaube ich, kriegt man im Normalfall alle diese Infostealer und sonstige Mail, wo er ziemlich zuverlässig abgefangen.

Schlien Gollmitzer: An dieser Stelle vielleicht gleich nochmal der Hinweis, weil du vom Betriebssystem sprichst. Jetzt ist es bald so weit, Windows 10 ist fertig.

Also da gerne nochmal alle Folgen Update verfügbar durchhören. Wir haben schon ausführlich darüber gesprochen und wahrscheinlich hilft am meisten, wie immer, mein großer Liebling, die Zwei-Faktor-Authentifizierung, oder?

Hardy Röde: Ja, fast immer.

Also der zweite Faktor. Neben dem Passwort wird er nochmal über eine Authenticator-App abgefragt. Also gibt einen kleinen Zahlencode, den wir dann zusätzlich beim Login eingeben müssen.

Oder ihr stellt gleich auf das Verfahren Passkeys um und da sind dann gar keine Passwörter im Klartext im Spiel, sondern wir authentifizieren uns mit einem biometrischen Merkmal wie unserem Fingerabdruck oder unserem Gesicht am Handy. Und wie immer empfehlen wir dazu die Unterlagen, die das BSI dazu bereitstellt.

Schlien Gollmitzer: Hardy, deine Kinder sind ja bekanntlich deutlich jünger als meine jetzt schon fast erwachsenen Kinder. Wichtige Frage. Hat deine Große schon ein eigenes Handy oder wie ist da so die Regelung mit der sogenannten Bildschirmzeit im Hause Röde?

Hardy Röde: Ja, Bildschirmzeit. Ich könnte es dir nicht in Zahlen sagen, aber ich rück das Handy oder das Tablet sehr, sehr knauserig raus und bin dann meistens auch zumindest in Höherweite von dem, was da geguckt wird oder an kleinen Games gespielt wird oder ein Lernprogramm benutzt wird und habe so eine virtuelle 30-Minuten-Uhr im Kopf und die klingelt immer ziemlich zuverlässig.

Schlien Gollmitzer: Das ist so das Thema Bildschirmzeit. Bei dir wäre ich jetzt sogar davon ausgegangen, dass du so eine Eieruhr stellst, eventuell. So eine Eieruhr in Zitronenform stelle ich mir vor in eurer Küche. Aber hast du denn das Gefühl, deine Kinder sind damit jetzt ausreichend gerüstet für eine Welt im Netz sozusagen, wenn sie schon solche Gerätschaften benutzen?

Hardy Röde: Also mit sechs und vier Jahren ist der Horizont, den sie da erkunden dürfen, noch relativ gering. Jetzt ist gerade mit einer Freundin das Thema aufgekommen, Papa, kannst du uns Instagram aufmachen? Und da habe ich mir gedacht, bevor sowas passiert, da müssen wir wirklich viel, viel, viel genauer hinschauen. Da gibt es zwar zum Beispiel die Möglichkeiten für Apps, einzelne Bildschirmzeiten einzustellen natürlich, aber was passiert bei Instagram? Da denke ich mir, da würde ich dann doch lieber mit zwei Augen gleich in Sicht und Hörweite daneben sitzen. Und das ist der Schritt, der mir noch bevorsteht.

Schlien Gollmitzer: Also Social Media spielt bisher noch keine Rolle.

Soweit du das weißt, natürlich.

Hardy Röde: Das Interesse ist zumindest groß und es könnte schon sein, dass die mal sich von einem YouTube-Video zum nächsten geklickt haben oder so. Aber wie gesagt, immer in Hörweite.

Schlien Gollmitzer: Ja, und dann ist es ja auch so, dass deine Tochter jetzt gerade erst in die Schule gekommen ist. Großer erster Schultag stand an und sobald dein Kind also künftig vielleicht mit einem Handy oder mit einem anderen Kind mit einem Handy auf dem Schulweg unterwegs ist, da hast du wenig zu melden.

Hardy Röde: Das stimmt total, ja.

Schlien Gollmitzer: Wir haben hier gerade erst so die Zahlen aus dem Cybersicherheitsmonitor 2025 durchgeschaut, den veröffentlicht das BSI ja jedes Jahr. Und im Fokusthema 2025 wurden die Menschen in Deutschland auch danach gefragt, wie sie denn so mit der digitalen Sicherheit ihrer Kinder umgehen. Ich greife jetzt mal hier so ein paar zentrale Infos raus. Ich hau dir mal eine Zahl hin. 45 Prozent der Eltern von sechs- bis dreizehnjährigen Kindern, also da fällt jetzt seine große Tochter zum Beispiel schon mal mit rein, sechs bis dreizehn Jahre, sehen es als einen wichtigen Bestandteil ihrer Erziehung an, dass sie ihren Kindern den verantwortungsvollen Umgang mit Medien beibringen. Das bedeutet aber auch, Hardy?

Hardy Röde: Ja, dass ich jetzt schon zu der Minderheit der Eltern gehöre, die das für ein wichtiges Thema halten, die sich darüber Gedanken machen und zumindest mit einem Auge und einem Ohr da ab und zu dabei sind. Und jetzt fühle ich mich da noch gar nicht so Avantgarde, was diesen Blick auf den Medienkonsum angeht bei meinen Kindern. Und das heißt ja, dass es sehr viele Eltern gibt, die noch weit weniger machen als ich.

Schlien Gollmitzer: Ja, und zwar über die Hälfte der Eltern tatsächlich. Also ich finde es ziemlich erschreckend, dass das nicht mal für die Hälfte der Eltern ein Thema ist. Und sogar nur ein Drittel der Eltern, eine andere Zahl, sagen, sie klären ihre Kinder in der gleichen Altersgruppe über Gefahren im Internet auf. Die meisten Eltern, muss man sagen, fühlen sich dabei auch selbst schlecht informiert.

Hardy Röde: Trübes Bild, was die Befragung da wiedergibt über uns als Eltern und die digitale Kompetenz, denn gerade in dem Alter entsteht ja ganz viel, was wir unseren Kindern an Basics mitgeben müssen.

Schlien Gollmitzer: Sehe ich ganz genauso wie du, ja. Ich sage an der Stelle aber auch schon mal an alle Hörerinnen und Hörer, die sich da vielleicht ertappt fühlen oder sich eigentlich selbst gerne noch ein bisschen besser auskennen würden, um mit ihren Kindern gemeinsam im Netz unterwegs zu sein. Das BSI unterstützt euch da. Ihr findet auf YouTube und auch in der BSI-Mediathek wahnsinnig viel Material. Wir erzählen euch am Ende dieser Folge auch noch mal ein bisschen mehr dazu, was ihr da findet.

Und wir stellen euch auf jeden Fall alle Links dazu in die Show notes. Es lohnt sich absolut, da noch mal reinzuschauen. So, und an dieser Stelle, liebe Hörerinnen, ein kurzer Hinweis für euch. Wir führen hier gleich ein Interview mit einem Experten und einer Expertin. Und da wird es um ein paar sehr sensible Themen gehen. Deswegen hier kurz der Hinweis.

Wir werden mit diesem Experten und dieser Expertin über schwere Gewaltdarstellungen auf dem Handy und in sozialen Netzwerken sprechen, über sexuellen Missbrauch und andere psychisch sehr belastende Themen. Das einfach nur mal kurz vorweg, falls ihr bei einem dieser Themen besonders sensibel seid oder selbst vielleicht schon traumatische Erfahrungen gemacht habt. Eines dieser ganz großen und sensiblen Themen, um das es gleich ausführlicher gehen wird, ist das Thema Cyber-Grooming.

Wenn also Erwachsene gezielt Kinder online ansprechen, um sie dann zu sexuellen Handlungen zu bringen.

Und wir stellen euch auf jeden Fall alle Links dazu in die show notes. Es lohnt sich, noch mal reinzuschauen. So, und an dieser Stelle, liebe Hörerinnen, ein kurzer Hinweis für euch.

Hardy Röde: Ja, und weil es so wichtig und zentral ist, würde ich sagen, wir erklären das am besten kurz noch mal vorab.

Schlien Gollmitzer: Was ist Cyber-Grooming? Cyber-Grooming ist eine echte Gefahr im Netz. Jeden Tag nehmen Erwachsene im Internet gezielt Kontakt auf zu Kindern und Jugendlichen. Es geht los mit scheinbar harmlosen Gesprächen in Messengern, in Games oder auf Social-Media. Die Täter geben sich als Gleichaltrige aus.

Sie machen Komplimente, sind witzig, reden über gemeinsame Interessen. Damit bauen sie Vertrauen auf. Meist haben sie dabei klare Ziele, zum Beispiel intime Fotos von ihren Opfern zu bekommen oder sie zu einem Treffen im echten Leben zu überreden.

Schritt für Schritt wird Druck auf die Kinder aufgebaut. Sie werden erpresst und eingeschüchtert. Ihnen wird eingeredet, dass sie selbst schuld daran seien, was sich zwischen Täter und Opfer abspielt.

Cyber-Grooming ist eine ernste Straftat. Es ist eine Form des sexuellen Missbrauchs. Wer betroffen ist oder einen Verdacht hat, sollte sich sofort an die Polizei wenden.

Ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen war in Deutschland schon mal von Cyber-Grooming betroffen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Landesanstalt für Medien NRW im Jahr 2025. Das heißt, eine fremde erwachsene Person wollte sich übers Netz mit ihnen im echten Leben verabreden, manchmal auch als angeblicher Talentscout oder Fotograf.

Oder sie hat ihnen etwas versprochen als Gegenleistung für private Fotos oder Videos. Sie hat das Kind dazu aufgefordert, sich auszuziehen vor der Kamera oder hat dem Kind Nacktbilder von sich geschickt. Cyber-Grooming ist damit eine der größten Gefahren für junge Menschen im Netz.

Ich habe die Journalistin Insa Backe zum Interview getroffen. Sie ist für die Sendung mit der Maus unterwegs, seit vielen, vielen Jahren an unterschiedlichen Schulen. Und da redet sie auch regelmäßig mit SchülerInnen und auch Eltern und Lehrkräften über die Gefahren in der digitalen Welt.

Ganz oft mit ihr zusammen unterwegs ist der IT-Forensiker und frühere Kriminalhauptkommissar Dirk Beerhenke. Liebe Insa, lieber Dirk, erstmal danke, dass ihr euch Zeit nehmt für unseren Podcast. Jetzt müsst ihr uns vielleicht zum Anfang noch so ein bisschen genauer erklären, was ist denn da eure Arbeit, wenn ihr an Schulen oder zum Teil auch in Stadthallen zu Gast seid? Ich fang mal an.

Insa Backe: Ich bin ja für die Sendung mit der Maus im Radio jede Woche an einer anderen Schule im Land. Also 80 Prozent Nordrhein-Westfalen, aber eben auch über die Landesgrenzen hinaus. Und das sind Klassen der vierten und fünften Jahrgänge aller Schulformen in allen sozialen Umfeldern.

Das heißt, dort erreicht man das ganze Schuluniversum. Die Kinder, die Lehrkräfte, die Schulleitungen, aber auch Eltern und angeschlossene Gewerke. Und das sind zum Teil eben Sozialarbeiter oder auch Ärzte, Feuerwehrleute, Rettungsdienst, sowas alles.

Auch Stadtteilpolitiker zum Beispiel, die sich auch mit uns austauschen. Also das komplette Universum. Dort bin ich immer in Kontakt, je nachdem in welcher Stadt ich bin, mit den örtlichen Polizeistationen, den Kreispolizeibehörden, Polizeipräsidien, Feuerwachen, Rettungsdiensten, Notfallambulanzen vor Ort.

Mache mit denen Termine und gehe dann auch mit denen in die Schulen. Das machen wir vormittags, dass wir den Kindern Rückenwind geben. Wir hören uns an, wie geht es ihnen, was brauchen sie an Unterstützung, was möchten sie vielleicht mal loswerden.

Und wir geben den Kindern die Möglichkeit, sich darüber zu äußern, den Druck loszuwerden, dass sie jemanden haben, mit dem sie reden können. Und dann kommt auch mehr und mehr rausgesprudelt, was sie alles im Internet sehen. Diese ganzen brutalen Bilder, Videos, diese Erpressungsversuche, auch die Aufforderung sexuelle Handlungen vorzunehmen, gewalttätige Handlungen vorzunehmen und so weiter und so weiter.

Dirk Beerhenke: Wichtig ist uns tatsächlich auch, dass die Kinder die entsprechenden Infos kriegen und möglichst zuerst. Wir haben das an vielen Schulen so gemacht, dass wir zuerst mit den Eltern und mit den näheren Lehrern sprechen, die dann wissen, wie können wir reagieren, wenn die Kinder informiert sind. Also was kriegen die Kinder von uns an Input? Und wenn dann Fragen gestellt werden, dass sie entsprechend darauf reagieren können.

Und den Kindern bringen wir viele Beispiele mit, die Insa in den Schulen gemacht hat. Und ich kann den Teil einbringen, der polizeilich relevant ist. Warum werden Anzeigen erstattet? Wie liegen die Zahlen? Und an wen können sich die Kinder überhaupt wenden, wenn sie in Not sind? Macht das Sinn, sich an eine Polizeiwache zu wenden und so weiter?

Schlien Gollmitzer: Ich hake jetzt hier schon mal ganz kurz ein.

Brutalität, Erpressung, Videos von sexuellen Handlungen. Ich kann mir das nicht vorstellen, wie das tatsächlich im Alltag der Kinder aussieht. Das ist brutal, das so zu hören. Und wie man dann dazu überhaupt ins Gespräch kommen kann mit den Kindern. Wie macht man das?

Insa Backe: Was wir immer wieder erleben, ist, dass sie Kinder massiv unter Druck setzen. Wenn zum Beispiel ein Kind, und das ist an der Tagesordnung eigentlich, einen Kettenbrief bekommt, in dem gesagt wird, du musst das jetzt an 15 Leute weiterleiten, sonst schlitzen wir deiner Mutter die Kehle durch oder wir bringen deine Schwester um oder so irgendwas.

Die Kinder sind acht und geben das an ihre besten Freunde weiter. Dann ist der beste Freund total in der Falle, steht mit dem Rücken an der Wand, weil er nur noch die Option hat, entweder den Freund zu verraten oder die Mutter zu enttäuschen, den Vater traurig zu machen und gegen alle Absprachen zu verstoßen. Er kann es also nur noch falsch machen.

Das ist ein wahnsinniges Dilemma mit acht Jahren. Letztendlich gibt es ein Konstrukt, was Schweigen generiert von den Kindern. Wenn dann aber ein Kind mit den Eindrücken nicht klarkommt, und das sind die meisten, dann ist das so dankbar, wenn es merkt, da sind zwei, die kennen das alles.

Ich kriege auch Testfragen von den Kindern. Kennst du das und das? Und die Erwartung ist, dass mir schlecht wird oder dass ich sage, bist du wahnsinnig, wie kannst du denn nur oder so? Also dass ein Vorwurf kommt, wenn wir da aber stehen und sagen, Kinder, ihr seid nicht schuld. Ihr macht das, was die bestimmten Konzerne wollen.

Das wollen diese Internetseiten. Ihr seid nicht schuld. Ihr dürft darüber sprechen.

Macht es wie bei Rumpelstilzchen. Rumpelstilzchen war garstig und hat alle unter Druck gesetzt. Aber in dem Moment, wo der Name genannt wurde, da war die Macht vorbei.

Und wenn ihr aussprecht, worum es geht, was euch Sorgen macht, dann verlieren diese Kräfte, die euch unter Druck setzen, die Macht. Und wenn die Kinder das einmal verstanden haben, und wenn der Korken aus der Flasche fliegt, dann kommt da unheimlich viel. Und dann sind die Lehrkräfte ganz schockiert, was da alles kommt.

Schlien Gollmitzer: Insa, du hattest mir da im Vorgespräch auch schon von Eltern erzählt, die ohnmächtig geworden sind bei dem Gespräch mit euch, als sie erfahren haben, mit was ihre Kinder da im Netz in Berührung gekommen sind. Wir wollen keine Schocker-Interview-Situation jetzt hier haben aber ich möchte trotzdem ganz gerne, dass du vielleicht aus diesem Bereich einfach nur mal kurz einen kleinen Anriss gibst.

Was Eltern, was wir Eltern, ich bin ja selbst Mutter, einfach gar nicht wissen darüber, mit was unsere Kinder konfrontiert sind im Netz. Was ist denn da so dieses ganz Schreckliche?

Insa Backe: Es kommt von mehreren Seiten. Das ist schon mal schwierig. Also, das heißt, die Kinder gehen ins Netz und haben dann in den ersten Momenten entweder durch die Freunde, es gibt ja auch Kinder, die kriegen erst sehr spät ein Smartphone, man muss ja unterscheiden zwischen einem Handy, wo man durchaus sagen kann, dass der Bus später kommt und was man durchaus mit in die Schule nehmen könnte, und einem Smartphone, wo wir auch sagen, das ist durchaus auch das Tor zur Hölle. Das ist ein Riesenunterschied, ein Handy und ein Smartphone. Und mit diesen Smartphones, manche Eltern blocken da ja auch bestimmte Seiten, aber es gibt eben in jeder Klasse irgendeinen, der hat einen Zugang oder hat einen freien Zugang in alle Richtungen.

Und die Seiten, die besonders brutal sind, und das sind eben sogar auch diese Spiele, wo alle Kinder unterwegs sind, Minecraft, Fortnite, Roblox und so weiter, da gibt es immer die Möglichkeit des Zugriffs von außen. Die Kinder sind auch bei Instagram, die gucken sogar auch bei Facebook, aber die sind eben auch bei Discord, also auf so Chatplattformen, wo sie von außen angeschrieben und kontaktiert werden können. Und was die Kinder sehen im Netz, in den Spielen, ist erstmal maximale Brutalität und stark sexualisierte Inhalte.

Das sind die beiden Hauptparts, würde ich mal sagen. Es geht weniger darum, Farben zu sortieren und irgendwelche Tänze einzustudieren, und wenn, dann sind auch die wieder stark sexualisiert. In den Spielen gibt es unheimlich viele Untergruppen.

Also das heißt, die Spiele, auch die ab 12 Jahren, jetzt werden ja einige Spiele auf 16 hochgesetzt, aber die Kinder sind natürlich alle da. Und da steigert sich die Brutalität. Also angefangen von irgendwelchen Räumen, in die man dann reingeht, und da sieht man dann, dass ein Lehrer, eine Schülerin, dass da Sexualkontakt stattfindet, damit die Schülerin bessere Noten kriegt. Es wird in so öffentlichen Baderäumen, Waschräumen, werden sexuelle Handlungen vorgenommen oder auch Gewalttaten vorgenommen. Und es gibt also verschiedene Spiele mit sehr brutalen Inhalten. Bei GTA gibt es Vergewaltigungen.

Es gibt Hinrichtungen aller Art und so weiter. Und was jetzt zunehmend ist, Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten bringen eben echte Videos mit. Also Originalfilme von Steinigungen in Echtzeit mit Tonspur, Kriegsverbrechen von verschiedenen Seiten.

Und die Kinder kriegen das immer so zugestellt, dass die andere Seite die Verbrecher sind und Hass und Verzweiflung generiert werden soll. Und Ohnmacht und Wut und solche Sachen. Und das verfängt total, das muss man ganz ehrlich sagen.

Und dann kommt obendrauf noch diese miese Aktion mit diesen verschiedenen Kettenbriefen und natürlich den AI-Charaktern, die alle versuchen, die Kinder irgendwie unter Druck zu setzen, sodass sie Dinge tun, Nachrichten weiterleiten, sich ausziehen vor der Kamera oder so. Und dann gibt es einfach auch nur noch so Perverse, die die Kinder einfach nur quälen wollen. Die machen Tierquäler-Videos, die zerstückeln da vor laufender Kamera kleine Hunde und kleine Katzen.

Oder, hatten wir jetzt auch öfter, Kinder, die zu irgendwas gedrängt werden und denen dann gesagt werden, wenn du das und das nicht machst, dann wird dieser kleine Hund sterben. Und dann halten sie den kleinen Hund in die Kamera und wir bringen den Kindern ja alle bei, nicht nur wir beide, sondern auch die Schulen. Ihr macht das nicht, was da gesagt wird. Ihr zieht euch nicht aus, ihr schickt keine Nacktfotos, ihr räumt nicht die Kasse eurer Mama aus, ihr gebt nicht die Adressen eurer Eltern raus, ihr fotografiert nicht die Bankkarte ab. Und das macht das Kind dann auch nicht. Und am nächsten Tag hat es ein Video im Handy, weil die natürlich alle von Discord und den ganzen Plattformen runtergehen auf die WhatsApp-Ebene, wo sie dann die Nummer von dem Kind haben.

Und da wird dieser kleine Hund stranguliert, überfahren, zerstückelt, was auch immer. Die Kinder sind maximal traumatisiert, laufen tagelang weinend durch die Gegend, kommen als erstes zu uns und zeigen uns das. Ich bin schuld, ich bin schuld, ich bin schuld.

Die Kinder haben immer das Gefühl, sie sind schuld. Das wird geschickt verknüpft.

Schlien Gollmitzer: Okay, jetzt muss ich selbst erstmal ganz tief Luft holen, um ehrlich zu sein. Und ich kann mir das selbst kaum vorstellen, wie man darüber dann allein mit Eltern oder halt LehrerInnen sprechen kann, wie man mit denen darüber redet. Erst recht dann natürlich anschließend auch noch mit den Kindern. Die Frage stellt sich, wie kommt ihr an dieses Wissen? Das wird wahrscheinlich hinterfragt.

Und warum fallen die Leute in Ohnmacht?

Dirk Beerhenke: Also die sind wirklich stark betroffen. Und da mussten wir teilweise Einzelgespräche führen, um die Leute wiederzuholen und zu beruhigen. Wir sagen das gemäßigt.

Insa Backe: Jetzt in diesem Kontext sprechen wir sehr, sehr offen. Wenn wir aber vor Lehrkräften sprechen oder vor Eltern, dann nutzen wir eine sehr gemäßigte Sprache und sagen das auch nicht so drastisch und auch nicht so viele Beispiele, weil wir wissen, einigen Leuten kommen dann die Tränen. Und wir müssen immer so gucken, wie ist die Dynamik innerhalb des Publikums? Was können wir sagen? Und gehen dann bestimmten Dingen eher im Einzelgespräch auf den Grund.

Dirk Beerhenke: Ja, für die Kinder ist es halt so, dass die nach kurzer Zeit dann Vertrauen haben. Und das sind für uns die wichtigen Pausengespräche. Da muss man hellwach sein, natürlich.

Aber in den Pausen, da kommen die richtigen Botschaften In den Pausen kriegen wir ganz viele Dinge mit. Und das, was die Kinder uns da berichten, das ist tatsächlich so fürchterlich schrecklich, wo viele Erwachsene sagen, hören Sie auf, das zu erzählen. Ich kann das nicht mehr hören.

Das ist das, was wir damit meinen. Obwohl wir das eben, wie Insa auch gerade ausgeführt hat, wirklich schon versuchen, einigermaßen so darzustellen, dass Erwachsene das vertragen können. Kinder müssen es jeden Tag aushalten.

Schlien Gollmitzer: Ja, und das ist natürlich unser großes Problem, wollte ich nämlich gerade sagen. Also wir Erwachsenen, wir müssen ja eigentlich noch ein bisschen besser damit umgehen können als eben dann die Kinder, die dem Ganzen ausgesetzt sind. Wir haben, wollte ich auch noch mal ganz kurz darauf hinweisen, in unserer Folge 57, auch noch mal ganz ausführlich zum Thema Gaming gesprochen.

Das heißt, wir konzentrieren uns jetzt hier auch einfach so ein bisschen auf die Netzsituation oder eben auch gerade die Beispiele, die du sowieso gerade genannt hattest. Dirk, du hattest auch von Zahlen gesprochen, in die du einen Blick hast, über die du Bescheid weißt. Kannst du uns da mal so ein bisschen einen kleinen zusätzlichen Einblick geben?

Dirk Beerhenke: Ja, also die Zahlen, die kann jeder einsehen.

Polizeiliche Kriminalstatistik, die kommt jedes Jahr für das vergangene Jahr raus. Also aktuelle Zahlen sind jetzt aus 2024. Das stagniert in der polizeilichen Kriminalstatistik und deshalb muss man unbedingt dazufügen, das ist nur das Hellfeld.

Das sind die Taten, die der Polizei gezeigt, also angezeigt werden. Höchstens ein Siebtel wird angezeigt, wenn überhaupt. Das heißt, die Zahlen sind also wesentlich höher, wenn wir mit den Kindern in der Schule sprechen, sagen die uns, dass jedes Kind schon angegroomt wurde, also von Erwachsenen sozusagen, schließlich zu sexuellen Handlungen gezwungen werden soll, also mindestens dahin geführt wird.

Das muss nicht unbedingt in einem Tag alles passieren, das kann in mehreren Jahren erfolgen. Das heißt, die Zahlen, die wir von offizieller Seite bekommen, die sind nicht geschönt, aber sie sind nicht die Realität, weil viel zu wenig angezeigt wird. Und sie werden nicht explizit erhoben. Das heißt, bei einigen Delikten, Sexualdelikten, da steht nicht drin, grooming. Das muss nicht als Delikt unbedingt da drinstehen, sondern das ist umschrieben mit anderen Delikten. Sexuelle Belästigung, verteilen pornografische Schriften, Kinderpornografie erstellen und so weiter.

Das heißt, wir haben da eigentlich gar kein präzises Messgerät, ich nenne es mal so.

Schlien Gollmitzer: Ja, wir haben in unserem kurzen Wissensblog ja auch schon den Begriff Cyber-Grooming erklärt. Insa hat erzählt, wie die Kinder dazu gebracht werden, dass sie über alles das schweigen, was sie im Netz sehen, was mit ihnen dort passiert. Ich frage mich, wie zum Beispiel ich als Mutter jetzt feststellen kann, ob mein Kind, mein eigenes oder vielleicht sogar ein anderes, von Cyber-Grooming betroffen ist. Also ob es im Internet angesprochen wurde von fremden Personen.

Dirk Beerhenke: Ja, das sind eigentlich allgemeine Zeichen, die man dann feststellen kann.

Also das Kind wird ruhiger, es verbringt weniger Zeit mit den Eltern, ist mehr für sich. Also es gibt oft Situationen, wo sich das Kind gerade am Anfang sehr wohl in dieser Situation fühlt, weil der Täter das Kind eben versorgt, gut zu ihm ist, alles versteht und ihm Recht gibt, es bestärkt und so weiter, um das Vertrauen eben zu kriegen. Also eine hinterhältige Geschichte, denn das Ziel ist ja für den Täter schon vorher ganz klar formuliert. Ja und dann irgendwann, wenn es das Kind dann in die Bedrängnis kommt, dass es dann erpresst wird, weil es schon vielleicht das eine oder andere Nacktfoto verschickt hat oder etwas getan hat, wo es selbst weiß, oh, das war jetzt nicht recht, das dürfen meine Eltern nicht erfahren, dann nehmen sie mir vielleicht das Handy weg. Das ist eine schlimme Sache, wenn man einfach pauschal mal so ein Handy wegnimmt. Da muss man darüber nachdenken und reden, vielleicht nochmal extra. Man kann auch technische Prävention betreiben, indem man Jugendschutzprogramme installiert und so weiter, aber viele Eltern geben sich dann damit zufrieden und sagen, ich habe ja alles getan.

Und das ist für die Eltern die ultimative Lösung, weil sie gar keine anderen Ideen haben. Die Ideen müssen wir den Eltern geben, denn dann haben sie einen Handlungsplan und können sagen, okay, ich habe verstanden, dass ich nicht sofort das Handy wegnehmen darf, weil sich sonst das Kind nie wieder an mich wendet, denn das möchte nie wieder das Handy abgeben. Ich muss andere Maßnahmen treffen und die beginnen, ich will es gar nicht ausführen, aber diese Maßnahmen beginnen vor der Übergabe des ersten Smartphones. Ich sage mal Smartphone, man könnte sagen erster Internetzugang, aber damit man ein Bild vor Augen hat, vor der Übergabe des ersten Smartphones muss ich mit meinem Kind arbeiten und verdammt investieren.

Wenn die Kinder zur Schule gehen, dann werden die da behütet und überwacht und im Internet nicht. Das passiert nicht, weil die Eltern böse sind, sondern weil sie sich nicht damit beschäftigt haben und weil ihnen bestimmte Handlungswege gar nicht bekannt sind.

Schlien Gollmitzer: Ja und das ist ja sozusagen die große Masterfrage für uns als Eltern oder auch als LehrerInnen. Wir sind schockiert natürlich, wenn wir sehen oder irgendwie rauskriegen, dass gerade was sehr Schlimmes passiert ist mit dem eigenen Kind, aber wo und wann können wir denn vorher überhaupt ansetzen, dass die Kinder selber schon mal besser überblicken, wie die wichtigsten Mechanismen funktionieren im Netz, womit und mit wem sie es da überhaupt zu tun haben.

Dirk Beerhenke: Man müsste mit dem Kind erstmal auch ein bisschen über die Technik reden, auch wenn es ein junges Kind ist, dass man das Handy kurz erklärt und das Internet vor allem. Das heißt, man muss auch das Wort Daten vielleicht mal erklären, weil viele, wenn ich meinem Kind sage, achte auf deine Daten, dann sagt das Kind, yo yo, gib her das Handy und hinterfragt das gar nicht. Also Fotos, Schrift, Geschriebenes in Chats und so weiter und dann würde ich denen vielleicht, den Kindern auch vielleicht mal ein paar Bilder zeigen.

Die findet man im Internet, Google hat welche freigestellt, von Server-Farmen, also riesige Rechenzentren, wo man diese Computer sieht, und dann kann man sagen, so da laufen eure Daten durch und die laufen da nicht nur durch, sondern die liegen da auch. In einigen Ländern werden die nie wieder gelöscht, alles, was ihr da online stellt. Das heißt, dass man den Kindern diese Ewigkeit dieser Daten, die dann im Digital irgendwo und von irgendwem beliebig abgelegt und gespeichert werden können und genutzt werden können.

Das wäre so der Anfang und dann natürlich, wie geht man miteinander um? Das heißt, die Werte, die wir in der echten Welt sowieso vermitteln, die müssen wir in die digitale Welt auch übertragen mit den entsprechenden Beispielen.  Ich bringe da immer den Mediennutzungsvertrag mit raus, weil der so schöne Anleitungen gibt für die Eltern. Mediennutzungsvertrag.de, da kann man ganz tolle Punkte finden, die man verändern kann, man kann sie ergänzen und so weiter.

Und wenn man das mit dem Kind bespricht, man muss nicht alles unterschreiben lassen, das muss jeder für sich selbst wissen, aber es ist für die Eltern ein Handlungsleitfaden, was bespreche ich mit meinem Kind, bevor ich das Smartphone übergebe. So und dann, ich will es nicht in die Länge treiben, aber als letztes, weil der erste Ansatz so unheimlich wichtig ist, die ersten Minuten und Stunden, die das Kind mit dem Smartphone verbringt, sind 1 zu 1 Stunden.  Das heißt, das Kind hat das Smartphone und ich bin dabei.

Und das muss ich leisten über einen etwas längeren Zeitraum, nicht einen Tag oder sowas, da muss ich vielleicht schon mal zwei Monate kalkulieren. Und wenn ich das Kind aber so, im wahrsten Sinne des Wortes, groß werden lasse, dann hat es sich auch genau daran gewöhnt und weiß auch, dass ich nicht nur der Kontrolleur bin, sondern dass ich der Beschützer bin. Und wenn das, wenn diese Rolle entsteht und geglaubt wird, dann ist das, glaube ich, relativ einfach, um alle weiteren Schritte zu gehen.

Schlien Gollmitzer: So, dann natürlich die nächste Frage, die sich uns allen jetzt garantiert stellt: Wie kriegt man euch denn in seine eigene Stadt, an die eigene Schule mit eurem Projekt? 

Dirk Beerhenke: Wir gehen überall hin, bundesweit, also im deutschsprachigen Raum. Egal, wo wir gebraucht werden und wo man uns mag, würden wir hingehen. Und ich denke, dass wir überall nötig sind.

Erreichen kann man uns über unsere E-Mail-Adresse oder auch über unsere mittlerweile fast fertig eingestellte Webseite. 

Schlien Gollmitzer: Das ist doch schon mal gut zu wissen. Eventuelle berühmte letzte Worte, Insa? 

Insa Backe: Voraussetzungen für alles, was wir hier besprechen, sind eigentlich die Erwachsenen. Die Kinder können sich nicht allein helfen. Es ist die einzige gesellschaftliche Gruppe, die sich nicht selbst schützen kann. Das heißt, die sind darauf angewiesen, dass man ihnen Wissen vermittelt, dass man ihnen das logisch vermittelt, dass sie verstehen, warum bestimmte Sachen möglich sind und andere besser gelassen werden müssen.

Aber deswegen ist es ebenso wahnsinnig wichtig, dass wir die Erwachsenenebene informieren. Und da stellen wir große, große Defizite fest. 

Schlien Gollmitzer: Fällt mir gerade dieser Satz wieder ein.

Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen.  Es braucht ein kluges Dorf, um ein Kind zu erziehen. Und vor allem, dass gemeinsam auf die Kinder schaut, die durch diese komische und komplizierte Welt gehen. Und dass wir eben einfach immer alle aufmerksam sind und mit ihnen im Gespräch bleiben und sie auf gar keinen Fall sich selbst überlassen.

Insa Backe: Genau. Also darüber reden hilft.

Wir sagen auch den Kindern und den Eltern immer, sprecht darüber. Und den Eltern geben wir oder auch den Lehrkräften zusätzlich noch den Hinweis. Wenn ihr es nicht macht, dann macht es ein anderer. Und es ist superwichtig, dass wir entscheiden als Gesellschaft, wer spricht mit unseren Kindern bestimmte Themen an.

Schlien Gollmitzer: Sehr beklemmende und traurige Einblicke in die digitale Realität unserer Kinder, die uns Insa Backe und Dirk Beerhenke von ihren Besuchen an Grundschulen und aus vielen Gesprächen natürlich mit Eltern und mit Kindern mitgebracht haben. Aber auch eben ein paar Tipps, die Mut machen und uns Erwachsenen zeigen, wie wir mit dieser beklemmenden Realität umgehen können und damit anfangen, etwas positiver dran zu verändern. Ein sehr beeindruckendes und tolles Gespräch.

Insa Backe: Sehr gerne.

Dirk Beerhenke: Tschüss.

Hardy Röde: Ja, es war schon echt schwerer Stoff, der die Warnung vorher gerechtfertigt hat. Also das sind Themen, die man nicht so einfach wegsteckt. Und was die beiden erzählt haben, dass teilweise auch Eltern weinen, wenn sie diese Videos sehen.

Das kann ich nachvollziehen.  Ich bin auch schockiert, muss ich einfach sagen, vom Ausmaß dessen, was sie da berichten, was da stattfindet, wie perfide da Täter an unsere Kinder und an Jugendliche herangehen. Und genau, einmal Luft holen.

Und ich nehme mit, dass es einfach eine gute Handlungsanweisung gibt, diese Eins-zu-eins-Betreuung in den ersten Wochen mit dem eigenen Smartphone.  Das ist wirklich was, was man sich einfach vornehmen kann, dass man beim Kind ist, die ganze Zeit, jetzt komme ich schon wieder mit billigen Beispielen aus der echten Welt, aber wenn das Kind Fahrradfahren lernt, da bist du ja am Anfang auch die ersten Wochen ziemlich live dabei. Und ich glaube, das fällt dann gar nicht so schwer, da einfach gemeinsam sowas zu tun, so einen Weg zu gehen und Werte dabei zu vermitteln.

Eins-zu-eins. Ich weiß nicht, wann es bei mir Thema wird. Im Moment zumindest sehe ich es nicht per se als zusätzliche Belastung, sondern eher als so einen Mehrwert, dass ich zumindest danach die Möglichkeit habe, immer wieder mit meinen Kindern darüber ins Gespräch zu kommen, was sie in ihrem digitalen Leben machen, weil ich möchte daran ja teilhaben.

Das soll nicht eine fremde Welt sein, wenn ich mein Kind ins Fußballtraining bringe oder in die Musikschule oder auch nur, wenn die mit Freunden unterwegs sind. Da will ich auch wissen, was da los ist, mit wem sie da zusammen sind, was ihnen Freude macht, was nicht und mag einfach Teil dieser Welten sein und warum sollte die digitale Welt, das digitale Leben da eine Ausnahme sein? 

Schlien Gollmitzer: Finde ich ganz, ganz wichtig, diesen Vergleich, den du da ziehst. Was ich auch nochmal betonen möchte, ist, wenn die Kinder uns etwas zeigen oder mit uns ins Gespräch gehen, Mami, ich habe da was Komisches gesehen im Internet, dann muss man immer davon ausgehen, das haben auch Insa und Dirk nochmal gesagt, das ist nur ein ganz kleiner Teil, ein ganz kleines Sichtfenster, das sie da aufmachen.

Eigentlich steckt manchmal noch viel Größeres dahinter. Wenn man jetzt bei diesem kleinen Sichtfenster schon so schockiert reagiert und ablehnend und dann das Handy wegnimmt oder verbietet oder was auch immer, dann werden die nie wiederkommen mit sowas. Aber wenn man mit ihnen ins Gespräch geht, wenn man mit ihnen gemeinsam sich das Ganze anschaut, aufarbeitet, dann hat man die Chance wirklich einen Kontakt herzustellen zu den Kindern.

Hardy Röde: Kann ich mir total gut vorstellen. 

Schlien Gollmitzer: Und ich mache jetzt hier auch nochmal Werbung für die Materialien, die das BSI für Eltern und für Lehrkräfte zusammengestellt hat, die es uns allen leicht machen, die wichtigsten Themen zu überblicken, wie wir für unsere Kinder Smartphones und Apps sicher machen zum Beispiel, worauf sie in Sachen Cyberkriminalität achten müssen und wie sie ihre Accounts schützen können. Das sind nur ein paar Beispiele.

Ihr werdet also auf jeden Fall nicht alleingelassen.  Das versprechen wir euch. Den Link zu diesem Medienpaket und weiteren Angeboten und Hilfestellungen gibt es wie gesagt in den show notes.

Hardy Röde: Und das war dann die Folge 59 von Update verfügbar. Wir sagen wie immer herzlichen Dank fürs Zuhören. Wenn ihr liked, was wir machen, dann liked uns doch auch auf euren Podcast-Plattformen. Wir freuen uns sehr, wenn ihr uns da ein Sternchen gebt oder auch mal eine Bewertung dalasst.  Und für alle Fragen zum digitalen Alltag und zur Cybersicherheit findet ihr wie gewohnt das Team des BSI auf Facebook, auf Instagram, auf Mastodon und auf YouTube. 

Schlien Gollmitzer: Bis zum nächsten Update.

Hardy Röde: Bis zum nächsten Update.